Demonstration – die Rede von Bernd Schuster

Demonstration ein großer Erfolg:

Leise A8 für die Region

 

Wir wehren uns!

 

 

NIEFERN-ÖSCHELBRONN. Ein Raunen ging durch die Menge als Bernd Schuster, erster Vorsitzender des Vereins Leise A8, zur Kirchturmuhr zeigte: „So hoch sind 18 Meter – bis zu dieser Höhe sind die Lärmschutzwände im Enztal geplant.“

 

Rund 250 interessierte Bürgerinnen und Bürger waren dem Aufruf des Vereins gefolgt und demonstrierten am vergangenen Samstag für einen verbesserten Ausbau der A8 im Enztal. Dabei erklärte Schuster den Zuhörern – unter ihnen auch Bürgermeister Heiko Faber aus Kieselbronn und Landtagsabgeordneter Dr. Hans-Ulrich Rülke – sehr anschaulich, welche Auswirkungen die vorliegenden Planungen der Autobahn und der Tank- und Rastanlage auf die Gemeinden Niefern-Öschelbronn, Pforzheim-Eutingen und Kieselbronn haben werden. Im Anschluss sprach Niefern-Öschelbronns Bürgermeister Jürgen Kurz.

 

 

Hier die Rede von Bernd Schuster zum Nachlesen:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Dies ist eine friedliche Demonstration!

Wir sind Bürger im Enztal, die gewaltfrei ihre Interessen vertreten.

Wir vertreten unsere berechtigten Ansprüche auf Schutz vor Lärm, Abgasen und Feinstaub.

Wir treten ein für eine lebenswerte Region – für uns und unsere Nachkommen.

 

Im Namen des Vereins Leise A 8 e.V. begrüße ich Sie.

Wir freuen uns, dass Sie gekommen sind, denn Viele bewegen mehr als Einer.

Deshalb ist es gut, dass Sie Ihre Zeit heute Morgen hier investieren.

 

Ich möchte eingangs betonen: Der Verein Leise A 8 ist parteipolitisch vollkommen ungebunden.

 

Wir demonstrieren für eine bessere, zukunftsfähige Lösung für den Ausbau der A 8.

Wir sind für den Ausbau. Er ist notwendig für den Verkehr. Wir brauchen ihn für den Aufschwung und Wohlstand unserer Region. Doch es gibt dafür Bedingungen.

Wir alle wissen, technisch bessere Lösungen als die vorgelegten sind möglich. Die notwendigen Finanzmittel dafür werden noch verweigert. Unser Einsatz lohnt sich.

 

Die A 8 ist eine der am meisten befahrenen Autobahnen in unserem Bundesland. Dies wird auch so bleiben. Tendenz stark steigend. Heute sind es bereits durchschnittlich 85.000 Fahrzeuge an Spitzentagen, die täglich über die A 8 donnern. Bis 2025 erwarten die Planer durchschnittlich 100.000 Fahrzeuge und 25.000 LKW pro Tag. In der Nacht sollen es dann 12.000 Fahrzeuge sein – im wesentlichen LKW. Ihr Anteil soll insgesamt 39 Prozent betragen. Das wären rund 5.000 LKW in der Nacht.

 

Neueste Prognosen gehen davon aus, dass die Güterverkehrsleistung (Tonnen mal Kilometer) sich bis zum Jahr 2030 um mehr als 60 Prozent erhöhen wird. Sie wird bis 2050 auf den Transitrouten nochmals zulegen. Entsprechende Prognosen sind im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt und im Internet veröffentlicht.

 

Wir diskutieren also über ein wichtiges, langfristig angelegtes Verkehrsprojekt. Wir und unsere Nachkommen werden auch in Jahrzehnten damit leben müssen. Investiert werden sollen dafür nach jetzigem Stand rund 90 Mio. Euro. Die von uns vorgeschlagenen Verbesserungen sollen zusätzlich 10 Mio. Euro kosten. Das sagen nicht wir, das haben die Planer berechnet.

Übrigens: Es gab einen Vorentwurf mit deutlich besserem Lärmschutz. Der wurde vom Bund 1997 rein aus Kostengründen abgelehnt. Das Land Baden-Württemberg hat sich diesem Diktat gebeugt.

 

2005 war die erste Vorlage der Planungen. Damals rechneten das Regierungspräsidium mit 54 Mio. Euro. Die Vorlage scheiterte. Niemand hat je eine Antwort auf seine Einsprüche erhalten.

 

Der nächste Versuch war offensichtlich als kontrollierter Schiffbruch geplant. So jedenfalls bezeichnete es der damalige Regierungspräsident. Konsequent ginge der Seelenverkäufer der Planer unter. Das war 2010. Danach herrschte planerische Windstille. Jeder hoffte, dass jetzt ein seetüchtiges Schiff auf Kiel gelegt würde.

 

Vom Stapel gelassen wurde 2012 ein Plan, der einige Verbesserungen enthielt. Er ist immer noch aktuell. Offenporiger Asphalt am Südhang und die Überdeckelung von 380 Metern sind die herausragenden positiven Ansätze. Der Prognosezeitraum wurde auf 2025 erweitert. Ursprünglich war 2020 anvisiert. Der Prognosezeitraum wäre in diesem Fall kürzer gewesen als die voraussichtliche Bauzeit.

 

Warum ist der Prognosezeitraum so wichtig?

Weil mit steigenden Fahrzeugzahlen verbesserte Lärmschutzmaßnahmen einhergehen müssen. Das waren erste zaghafte Schritte in Richtung Vernunft. Wir haben lange dafür gekämpft.

 

Was ist im Ergebnis ist festzustellen?

Die jetzt vorliegende Planung ist weiter ungenügend.

Im Ausbau-Zeitraum werden 100 Meter links und rechts der neuen Trasse alle Bäume, Büsche und Wiesen gerodet. Die Landschaft ist dann nicht mehr wieder zu erkennen.

Danach sollen 18 Meter hohe Schallschutzwände an der Nordseite vor den Haustüren der Anwohner in Niefern-Vorort gebaut werden. Sie sind dann so hoch wie die Kirchturm-Uhr da hinten. Die Lärmschutzwände in Eutingen werden eine Höhe von 12 Metern haben. Das ist ungefähr so hoch wie der Dachfirst der Häuser dort. Die 18 Meter hohen Schallschutzwände an der Nordseite vor den Haustüren der Anwohner bleiben.

 

Wollen Sie ein solches Monstrum vor Ihrem Fenster?

Ist diese Vergewaltigung der Landschaft alternativlos?

NEIN. Es gibt einen ökologisch und landschaftsgestalterisch tollen Gegenentwurf. Stellen Sie sich vor Ihrem geistigen Auge eine grüne Wiese, Büsche und Bäume vor, die auf dem gesamten Nordhang Richtung Karlsruhe blühen. Der Lärm ist in der Einhausung gefangen. Mit einer langen Einhausung am Nordhang kann dieser Wunschtraum wahr werden. Keine Wälle und hässlichen Wände versperren Ihnen den Blick und das Licht.

 

Auf der Südseite soll weiterhin die Fahrbahn über die Brücke der K 4500 (Straße von Niefern zum Hagenschieß) angehoben werden. Die Lastwagen fahren künftig bis zu 16 Meter (Trasse 12 Meter plus 4 Meter LKW-Höhe) über dem bisherigen Niveau. Geplant ist das ohne Lärmschutz. Folglich werden die bisher vom Lärm weitgehend verschonten Ortsteile von Niefern und Öschelbronn in Zukunft stark beeinträchtigt sein.

Auf den Zu- und Abfahrten im Enztal gibt es keinen Lärmschutz und die Steigungen widersprechen den gesetzlichen Vorgaben.

 

Die Einspruchsfrist endete damals 2012. Wieder war danach aus dem Regierungspräsidium kein Wort zu hören. Dem Vernehmen nach soll jetzt in absehbarer Zeit die öffentliche Anhörung erfolgen. Der Termin wird uns wahrscheinlich zum Jahresende als Überraschungsei präsentiert. Bis dahin sind acht Jahre seit der ersten kläglichen Vorlage vergangen.

 

Zwischenzeitlich hat ein Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, ein Herr Dr. Scheuer, seinen Hang zur Basta-Politik ausgelebt. In einem Brief an unsere Bundestagsabgeordneten lehnt er barsch jeden weiteren Gedankenaustausch ab. Für ihn ist der Fall entschieden. Auch ein Besuch vor Ort kommt nicht in Frage. Er schlägt damit unserer gesamten Region mit dem Basta-Knüppel vor den Kopf. Der gemeinsame Wille der Bevölkerung, der Kommunen, des Regionalverbandes und der Bundestagsabgeordneten wird arrogant einfach übergangen.

 

Es gibt sehr viele und substantielle Einsprüche. Deshalb weiß niemand, ob der Plan des Herrn Staatssekretärs aufgeht und festgestellt werden kann. Wahrscheinlich ist, dass gerichtlich gegen die Planung vorgegangen wird. Weitere Zeitverzögerungen sind die Folge. Leidtragende sind die Autofahrer, die im Stau stehen werden. Leidtragende bleiben aber auch die lärm-, staub- und abgasgeplagten Anwohner.

 

Ist damit das Maß voll?

Bei weitem nicht!

Im Jahr 2011 wurden die Pläne für den Ausbau der Tank & Rastanlage Enztal veröffentlicht. Diese Anlage ist ein wesentlicher Fixpunkt der Planer. Die Zu- und Abfahrten sind der Grund dafür, dass die Fahrbahn über die Brücke der K 4500 geführt werden soll. Bei der Tank- & Rastanlage wiederholen die Planer ihre stiefmütterliche Vorgehensweise.

 

Ein Kühllaster emittiert ungefähr 91 Dezibel. Ein Tanklaster verursacht ungefähr 95 Dezibel. Damit erreichen wir Lautstärken wie bei einem Presslufthammer. Stellplätze sollen für 150 Fahrzeuge sollen auf Terrassen entstehen, die sich aus Richtung Niefern auftürmen. Der vorgesehene Lärmschutz für den Ort besteht aus einer Mauer. Schätzen Sie bitte ihre Höhe: Sie wird bescheidene 1,50 Meter hoch sein. Bei diesem Konzert dürfte die Nachtruhe zu einem seltenen Gut werden.

 

Die Einspruchsfrist endete Anfang 2012. Seitdem gibt es keine belastbaren Nachrichten aus dem Regierungspräsidium.

 

Als Ergebnis eines Gespräches mit dem Staatssekretär Dr. Scheuer aus dem Mai 2012 werden verschiedene Standorte der Tank- & Rastanlage ergebnisoffen untersucht. Ob jemals ein alternativer Standort gefunden wird, steht in den regierungspräsidialen Sternen.

 

Wir haben vorgeschlagen, die Autobahn und die Tank- & Rastanlage gemeinsam zu betrachten. Das Regierungspräsidium lehnt dies ab. Dasselbe gilt für die Situation der B 10. Ihr Ausbau steht mit hoher Dringlichkeit auf der Tagesordnung. Schon der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass A8, Tank- & Rastanlage und B 10 miteinander zusammen hängen. Sie müssten, um optimal aufeinander abgestimmt zu sein, vernetzt geplant und betrachtet werden. Ihre gemeinsamen, tatsächlichen Wirkungen auf die Lärmbelastung, die Gas- und Feinstaubemissionen und den Eingriff in unsere Tallandschaft sind nur zusammen zu verstehen. Wir leben in einem Lärmozean aus Autobahn, Raststätte, Bundesstraße und Bahn. In Niefern und in Eutingen kommt noch zusätzlich der Durchgangsverkehr dazu. Tendenz steigend. Deshalb geht unser Anliegen alle an – nicht nur die unmittelbaren Anwohner der Autobahn. Wir alle leiden unter dem Lärm.

 

Jeder weiß: Lärm macht krank. Tun wir heute alles dafür, uns zu schützen. Eine A 8, Raststätte, B10 und Bahn umfassende Untersuchung in den Planungsvorlagen werden Sie vergebens suchen.

 

Ist das jetzt alles?

Sie sollten wissen:

In den vergangenen Monaten ist noch ein weiteres Planfeststellungsverfahren hinzugekommen. Direkt im Baufenster der Autobahn soll eine zusätzliche Gashochdruckpipeline gebaut werden. Es gäbe jetzt eine gute Gelegenheit, mehr Mittel für unser wichtiges Projekt loszueisen. Stichwort: Bundesverkehrswegeplan 2015! Der Bund ist dabei, seine Investitionen in die Bundesfernstraßen ab 2015 mit den Ländern abzustimmen. Vorschläge kommen von den Ländern, der Bund finanziert und entscheidet, die Länder führen im Auftrag des Bundes aus. Bei uns ist das Regierungspräsidium Karlsruhe damit beauftragt.

 

Wie ist die Situation?

Ca. 160 Projekte sind in Baden-Württemberg zu priorisieren und mit Finanzmitteln auszustatten. Klar ist, die zur Verfügung stehenden Mittel reichen bei weitem nicht für alle Projekte aus. Wir verwalten den Mangel. Nach unseren Informationen hat das Land bisher nicht vor, höhere Investitionsmittel für die A 8 im Enztal zu beantragen. Das können und wollen wir nicht akzeptieren!

Wir fordern unsere Landtagsabgeordneten auf: Bündeln Sie Ihre Kräfte. Nehmen Sie Einfluss auf den Entscheidungsprozess der Landesregierung. Handeln Sie für die Region.

Herrn Verkehrsminister Herrmann rufen wir zu: Menschen sind wichtiger als Juchtenkäfer!

 

Ich weiß, es gibt alternative Ansichten zu unseren Vorschlägen.

Ich meine: Wir sollten zu allererst weiter zusammenstehen und gemeinsam mehr Finanzmittel und eine bessere Planung einfordern. Wir sollten gemeinsam transparente, nachvollziehbare Kosten-Nutzen-Analysen für die verschiedenen Modelle fordern. Erlegen wir zuerst den Bären!

 

Der Verein Leise A 8 fordert:

1. Ausreichende Finanzmittel für einen besseren Lärmschutz.

2. Die Verlängerung des Prognosezeitraumes auf 2030. Wir wissen ja nicht einmal, wann die Baumaßnahmen tatsächlich beginnen.

3. Der Fixpunkt Tank- & Raststätte sollte aufgegeben werden. Für den Trassenverlauf könnten dadurch bessere Lösungen gefunden werden.

4. Verlängerung der Einhausung auf rund 800 Meter. Menschen, Tiere und Landschaft werden es in Zukunft danken.

5. Lärmschutz auf den Zu- und Abfahrten.

6. Keine Verlegung der Fahrbahn über die Brücke der K 4500.

7. Weitere Abflachung der Steigungen. Das ist technisch möglich.

 

Wir sehen uns damit im Schulterschluss mit den Kommunen Niefern-Öschelbronn, Kieselbronn, der Stadt Pforzheim, dem Enzkreis, dem Regionalverband und unseren Abgeordneten.

 

Noch ist Zeit zu handeln. Ist das Planfeststellungsverfahren erst einmal abgeschlossen, ist es zu spät.

Unsere Nachbarn am Nöttinger Hang können ein beredtes Klagelied darüber singen.

 

Unsere schriftlichen Einwendungen waren nur ein Anfang. Das Gespräch mit dem Staatssekretär in Berlin war eine Etappe auf dem Weg. Diese Demonstration ist ein deutliches Signal der Unzufriedenheit. Wir werden nicht locker lassen!“

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